DSDS: Traum oder Alptraum?

Thomas Godoj ist der neue RTL-«Superstar». 62 Prozent der Anrufer machten den 30-jährigen Rocksänger in der Nacht zum Sieger im Finale von «Deutschland sucht den Superstar».

Sein Kontrahent war der 29-jährige Fady Maalouf. Godoj überzeugte seine Fans mit seinen Wunschliedern «Fairytale gone Bad» von Sunrise Avenue, «Chasing Cars» von Snow Patrol und dem eigens für ihn komponierten Siegersong «Love is you» von der Berliner Produktionsfirma Valicon.

(ppn) Schon im Vorfeld der Sendung liefen die Wetten ähnlich dem jetzt amtlichen End-Ergebnis zu Gunsten des gebürtigen Polen und Rock-Newbie´s Thomas Godoj. Ersten Stellungnahmen zur Folge hat Godoj beste Chancen sich auf Dauer im Musikmarkt zu etablieren. „Du bist ein Fucking Rockstar“, urteilte DSDS-Jury-Mitglied Andreas „Bär“ Läsker unlängst über einen der Auftritte des Ex-DSDS-Finalisten. Aber wie groß sind die Chancen für den Sieger von „Deuschland sucht den Superstar“ auch auf Dauer in dem Business zu bestehen? Und hängt sein Erfolg nicht auch im Wesentlichen vom Einfluss eines gewissen Dieter Bohlen ab? Wie nachhaltig ist der Erfolg von Leuten, die sich von dem selbst ernannten Pop-Titan abwenden?

Nun, ein Blick auf die Homepage des Ex-DSDS-Siegers Tobias Regner lässt nicht´s Gutes vermuten. Tobias Regner gewann 2006 die 3. Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“. Und auch er, eher ein Rocker als ein Popper, wurde zunächst hoch umjubelt, frenetisch gefeiert und von A nach B durchgereicht, aufgebaut, ausgesaugt und am Ende gut durchgekaut wieder ausgespuckt. Seit Anfang 2007 jedenfalls sind keine nennenswerten Gigs mehr zu verzeichnen siehe auch News-Bereich auf http://www.tobiasregner.de ). Keine TV-Auftritte und kein durchschlagener Support, wie er beispielsweise dem Vorjahres-Sieger Mark Medlock aktuell zu Teil wird. Und vielleicht gibt es inzwischen ja auch eine Art Faustregel für DSDS-Absolventen: „Überstehst Du einen Zeitraum von 12 Monaten und bleibst Du während der darauffolgenden, nächsten DSDS-Staffel auch mindestens noch Top 10 in den Charts, hast Du auch beste Chancen Dich auf Dauer im Musikmarkt zu etablieren“, so eine durchaus denkbare Theorie. In der Praxis sieht das jedenfalls so aus, dass „Bohlen-Liebling“ Mark Medlock derzeit im Begriff ist genau diese magische Schwelle zu überschreiten. Für seine aktuelle Single „Summer Love“ jedenfalls bekommt er alle nur erdenkliche Unterstützung sowohl seitens der Plattenfirma als auch seitens des Senders RTL.

Warum ist das so?

Nun, jeder weiß dass Bohlen und Medlock eine recht intensive Männerfreundschaft pflegen. Bohlen würde wohl das Herz bluten, müsste er mit ansehen, wie Medlock den Bach runter geht, nur weil die Plattenfirma und die Medien für ein weiteres Album nicht mitziehen. Vielen der früheren DSDS-Kandidaten ist es genau so ergangen. Ob nun Küblböck, Elli, Regner und wie sie alle heißen. Alle verschwanden sie nach dem 1. Album in der berühmt berüchtigten „Versenkung“. Nicht aber Mark Medlock. Selbst ein Drogen-Skandal (Ende des letzten Jahres) konnte dem heute 30-Jährigen nicht wirklich was anhaben.

Wie ist das möglich?

Denkbar ist, dass Dieter „Ich kenn auch mehr als 2 Akkorde“ Bohlen seine Vormachtstellung bei RTL hübsch ausnützt um seinen Ziehsohn auch weiterhin ordentlich zu pushen. Getreu dem Motto: „Entweder es gibt den vollen Support für Medlock oder ich bin in der kommenden 6. Staffel nicht mehr dabei“. Derartige Forderungen würde Bohlen gegenüber RTL wahrscheinlich auch locker „durchdrücken“ können, wissen die RTL-Bosse doch genau, dass das Format ohne Bohlen so ziemlich tot wäre. Möglicherweise gibt es ja sogar eine Art Kooperation zwischen Bohlen und RTL hinsichtlich der Vermarktung von Mark Medlock auch über das gewöhnliche Engagement hinaus, anders jedenfalls ist die massiven TV-Berieselung der letzten 3 Wochen zum Start der neuen Medlock-Single „Summer Love“ nicht zu erklären. Und anders hätte es die Nummer wahrscheinlich auch nicht von Null auf Eins in die Charts geschafft. Es bedarf schon einer Menge Markt-Power um Madonna vom Thron, respektive von Platz 1 der Deutschen Single-Charts zu „kicken“ (Stand: 17. Mai; Media Control). Ich will nicht behaupten, dass da jemand seine eigenen Platten gekauft hat, aber durch die massive TV-Werbung wird wahrscheinlich auch der letzte Medlock-Sympathisant aus Hintertupfingen sich das Erscheinungsdatum der neuen Single notiert haben und Dank der schon etwas älteren Zielgruppe rennen die dann auch hübsch in den Laden und kaufen das Teil auch noch. Medlock´s Drogen-Skandal, der im November 2007 von einem breiten Medien-Echo begleitet wurde, scheint da völlig vergessen zu sein. Jedem Anderen hätte die Affäre vermutlich das Genick gebrochen. Nicht aber Mark Medlock, der unter besonderen Schutz zu stehen scheint. Böse Zungen behaupten gar, die ganze Sache sei damals nur wegen seines neuen Albums inszeniert, und der Fotograf deshalb bewusst auf Medlock angesetzt worden. Getreu dem Motto: „Es ist egal mit was Du in der Zeitung steht, Hauptsache Du stehst drin“, wäre ein solches Ansinnen durchaus denkbar, wonach die Macher hinter den Kulissen zumindest in diesem Punkt dann auch ganze Arbeit geleistet hätten. Es ist auch kein Geheimnis, dass Volker Neumüller von der 313 Music JWP AG ein äußerst fähiger Stratege für derartige Dinge wäre. Vorsitzender des Vorstands der Firma JWP, die Mark Medlock seither betreut, ist übrigens auch der Ex-DSDS Juror Thomas Stein. Und Leuten wie Uschi Seifart und Tanja Surmann, zwei Branchen bekannte Promotion-Profis, wüssten einen solchen Skandal auch bestens zu „handhaben“. Ob dem tatsächlich so war, lässt sich von hier aus nicht beweisen. Denkbar sind derartige Szenarien aber alle mal und schlussendlich sind es immer die Mächtigen der Branche, die über Erfolg oder Misserfolg einer solchen Mission entscheiden. Spielst Du mit, kann so ein Deal natürlich auch Gold wert sein. Medlock hat zu Beginn des Jahres ja sogar den begehrten Musikpreis „Echo“ als Newcomer des Jahres gewonnen. War das ein Wunder? Ein Verdienst des Künstlers und seiner musikalischen Qualitäten? Oder war es nicht vielmehr ein Verdienst Derjenigen, die hinter den Kulissen die Fäden ziehen und für jede Menge Extra-PR sorgen? Ich denke da läuft viel im Verborgenen. Dinge die der Konsument so nie erfahren wird und auf die der Künstler auch kaum noch Einfluss hat, was ihm wiederum komplett abhängig macht vom andauernden Wohlwollen eben dieser Leute. Insofern bliebe dem aktuellen DSDS-Sieger Thomas Godoj nur anzuraten, auch über das Ende der aktuellen DSDS-Staffel hinaus die Kooperation mit RTL und Dieter Bohlen zu suchen, sofern das musikalisch überhaupt machbar ist. Tut er das nicht, kann es auch ganz schnell wieder vorbei sein. Das Konkurrenz-Lager Pro7 | Sat1 wie auch die öffentlich rechtlichen Sender promoten nämlich keine Fremdformate, und daher auch keine Zöglinge Selbiger. Den Fehler hatte damals ja auch Daniel Lopes gemacht, der sich noch während der 1. DSDS-Staffel sowohl mit RTL als auch mit der Produktionsfirma GRUNDY LIGHT angelegt hatte. Da RTL ihn daraufhin boykottierte und sämtliche anderen Sender in Konkurrenz zu dem RTL-Format stehen, war alles was danach vom ihm noch zu hören war die reinste Funkstille. Heute versucht sich der einstige Hoffnungsträger des Latino-Pop´s im Ausland mit neuen Titeln und neuem Image, allerdings mit äußerst überschaubaren Erfolg.

Aber noch einmal zurück zum aktuellen Geschehen vom gestrigen Abend. Interessant nämlich ist, dass im Trailer zur „Langen Nacht der Superstars“ eine Anmoderation von Frauke Ludowig (RTL Exklusiv) zu sehen war, in der Sie den Namen des künftigen Superstars offenbar schon anmoderiert hatte, bevor überhaupt der Notar Dr. Fleischhauer mit dem goldenen Umschlag in der Hand die Superstars-Bühne betrat, um das Ergebnis des Votings durch Moderator Marco Schreyl verkünden zu lassen. Interessant jedenfalls wäre zu erfahren, welchen Namen die Moderatorin in ihrer Anmoderation vor dem Cut genannt hatte. Ob sie Fady Maalouf oder Thomas Godoj als neuen DSDS-Sieger ausrief. Leider wurde an exakt dieser Stelle ausgeblendet, so dass man den Namen den sie da anmoderierte nicht hören konnte. Ich persönlich aber tippe stark auf Thomas Godoj. Wundern würde mich Derartiges nicht, gab es doch schon in der Vergangenheit immer wieder Ungereimtheiten hinsichtlich des Votings und der Ergebnisse und auch hinsichtlich einer sogenannten „Stall-Regie“ seitens der Produktionsfirma. Hin und wieder konnte man in den einzelnen Motto-Shows sogar erkennen, dass die Jury-Mitglieder ihre jeweiligen Statements zur Beurteilung der einzelnen DSDS-Kandidaten von einer Art Drehbuch ablasen. Das sind Sätze die vermutlich vor der Show, respektive im Zuge der General-Probe so auch festgelegt werden. Gut möglich, dass man auf diesem Wege auch Linda Teodosiu aus der Show förmlich „herausgeschrieben“ hatte, lange bevor die vermeintliche Zuschauer-Entscheidung über das Ausscheiden des erst 16-jährigen Ausnahme-Talents verkündet wurde. Die Statements der Jury im Halbfinale liefen ja bekanntlich gegen das blonde Stimmwunder aus Köln und in der Regel lassen sich die Zuschauer von der Meinung der Jury auch ganz gern beeinflussen.

Wollte man Linda etwa gezielt loswerden und wenn ja warum?

Nun, gesetzten Falls die DSDS-Produzenten wollen das Thomas Godoj gewinnt, dann wäre Linda Teodosiu der wesentlich stärkere Gegner gewesen als wie im vorliegenden Fall Mister Fady „Schleimspur“ Maalouf. Also warum sich nicht gleich im Halbfinale des wesentlich stärkeren Godoj-Gegners entledigen? Dann kann sie dem Thomas im Finale zumindest nicht mehr gefährlich werden. Und das Rumgezicke hinter den Kulissen war ohnehin ein ziemlicher Störfaktor. Jury-Mitglied Andreas „Bär“ Läsker bringt es auf den Punkt: „Das Mädel ist noch so jung und wenn ihr Vater da nicht ständig reinpfuschen würde, könnte aus der tatsächlich noch was werden“, so der Musik-Manager und Branchen-Profi gegenüber dem Magazin „RTL-Exklusiv“ vom gestrigen Samstag.

Aussagen wie diese deuten aber eher darauf hin, dass sowohl RTL als auch die Plattenfirma kein „vorrangiges“ Interesse an einer Zusammenarbeit mit Linda Teodosiu hatten. Warum sich also im Finale mit einer pubertierenden Teenie-Göre herumärgern, wenn man auch den Jackpot, in dem Fall Thomas Godoj haben kann? Hierfür bräuchte man lediglich ein paar Zahlen korrigieren, sofern das Ergebnis am Ende überhaupt zu Ungunsten des Wunschkandidaten Thomas Godoj ausgefallen wäre. Schließlich sitze man doch an der Quelle und ist zudem auch die einzige Instanz die das Voting tatsächlich kontrolliert, oder? Bis heute weiß jedenfalls niemand ausser vielleicht einer Hand voll engster Vertrauter wie die Zahlen da am Ende einer jeden Sendung tatsächlich zu Stande kamen. Und selbst wenn der Notar direkt vor einem der Monitore gestanden hätte, an dem die Ergebnisse „aufliefen“ heisst das nicht, dass nicht irgendwo am anderen Ende doch noch jemand an den „Knöpfen“ dreht, respektive sich da jemand im Verborgenen zwischenschaltet um das TED-Ergebnis gemäß etwaiger Regie-Vorgaben zu manipulieren. Wer Was Wo Wie abliest ist auch nach Ende der 5. Staffel „DSDS“ völlig unklar. RTL und auch GRUNDY LIGHT halten sich hierzu weitestgehend bedeckt und geben keinerlei Einblick in das eigentliche Prozedere der Ergebnisgewinnung.

Und sicher ist Thomas Godoj auch der biegsamere Kandidat. Der nämlich nimmt was er kriegen kann, lässt sich vermutlich noch formen, ganz nach den Vorstellungen der Macher im Hintergrund. Man muss dann eben nur noch dafür sorgen, dass der Maalouf im Finale nie und nimmer besser abschneidet als der eigentliche Wunsch-Kandidat, in dem Fall Thomas Godoj. Aber auch für das Pushen des aus Sicht des Zuschauer „gefühlten“ Siegers gibt es gute Rezepte seitens der Show-Initiatoren, beeinflußt die Zuschauer-Entscheidung doch vor allem auch das von den Kandidaten in der Live-Show präsentierte Liedgut. Insofern, und keine Ahnung wer dem netten Fady seinen „Sieger-Song“ für´s Finale zugeteilt hat, aber von Hit-Qualitäten war dieser Song in etwa so weit entfernt wie Dieter Bohlen von Tränen und Demut. Nach dem ersten Hören hätte ich die Melodie kaum nachsingen können und Text-Zeilen wie „I am blessed, I´am truly blessed“ („Ich bin gesegnet, wahrhaft gesegnet“), könnten beim Zuschauer auch negativ ankommen. Anders der Song von Thomas Godoj („Love is you“), für den man extra die Profis der Songwriter-Firma Valicon an Land zog, die unter anderem auch für Silbermond schreiben und derzeit große Erfolge im Vertrieb der BMG feiern. Der Song ist nicht nur ein Ohrwurm, er ist auch von einer Firma geliefert, die bereits im Vertrieb derjenigen Plattenfirma steht, die den Superstar später vermarkten soll.

Der Song „Blessed“, der im Finale von Fady Maalouf gesungen wurde, kam hingegen von Alex Christensen, der sich zuletzt mit dem Nr. 1 Hit „Du hast den schönsten Arsch der Welt“ einen Namen machte. Christensen ist im Vertrieb der Universal, also nicht mit derjenigen Plattenfirma verbandelt, die nach dem DSDS-Finale auch den Superstar herausbringt.

Ist das nicht seltsam? Oder ist die BMG da bereits vor dem Ende der letzten DSDS-Sendung fest davon ausgegangen dass Godoj gewinnt? Und wenn ja warum? Wußte die BMG etwa mehr als wir Zuschauer? War am Ende doch alles nur Schiebung und von Anfang an ein abgekartetes Spiel? Fragen die man sich jedes Jahr aufs Neue stellt. Nur beweisen konnte man bislang nichts. Wäre dem so, wäre das dann wohl auch die größte Abzocke aller Zeiten gewesen, wurden die Telefonleitungen für das Zuschauer-Voting doch gerade im gestrigen Finale schon wesentlich früher, nämlich bereits zu Beginn der zweiten Gesangs-Runde freigegeben, während die Leitungen sonst immer erst am Ende einer jeden Sendung freigeschaltet wurden. Von wegen „der Zuschauer entscheidet“ und „Ohne Sie geht es nicht“! Stünde der Sieger laut vorliegender Theorie bereits vor dem Finale fest, hätte man sich dieses Voting getrost auch sparen können. RTL hätte dann aber auch ein paar Millionen weniger verdient. Immerhin kostet der Anruf 0,50€ und sicher haben auch dieses Mal wieder Hunderttausende angerufen.

Mit dem Superstar selbst hat dies alles freilich nichts zu tun. Der wird seinen Weg gehen, egal ob nun mit RTL steil und bergauf für einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten oder aber eigensinnig und ohne der Bohlschen Allianz direkt ins Popstars-Nirvana. Zu gönnen bleibt der Erfolg dem 30-jährigen Godoj alle mal. Nicht nur weil er ein großartiger Sänger ist, sondern weil er längst auch für sich selbst realisiert hat, dass „Plan A“ der jetzt wahrscheinlich einzige noch gangbare Weg ist, um kurz vor dem obligatorischen Verfallsdatum eines Superstars noch ein paar Sack Euro zu füllen.

Wünschen wir ihm alles Gute dabei! Verdient jedenfalls hat er es.

Sean Quentin Dexter

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